Rassistische Polizeigewalt auf der Anklagebank
#aufklärungskommission #aufenthaltssicherheit #bewegungsgfreiheit
Bei Verhandlungen zu Racial Profiling vor Schweizer Gerichten zeigte sich bisher Folgendes: Zum einen werden rassisierte Betroffene polizeilicher Übergriffe nicht ernst genommen: Sie gelten als über-emotional und ihre Aussagen als weniger glaubwürdig als die der Polizeibeamt:innen. Zum anderen scheint das Interesse an einer Prüfung bezüglich eines Verstosses gegen das Diskriminierungsverbot gering bis nicht existent zu sein. Das Tribunal «Rassistische Polizeigewalt auf der Anklagebank» entstand über mehrere Monate, motiviert durch den Verlauf des Verfahrens von Mohamed Wa Baile vor dem Bezirksgericht Zürich im Herbst 2016 und inspiriert vom Format des Tribunals, wie es der Berner Rassismusstammtisch im selben Jahr mit dem «Kanakentribunal» inszenierte. Bisher wurde das Tribunal in der Schweiz dreimal aufgeführt.
Die Mitwirkenden sind vor allem Schwarze Menschen und People of Color, die Racial Profiling erlebt haben, und weisse antirassistische Aktivist:innen. Im Tribunal stehen das Wissen und die Perspektiven von Schwarzen Menschen und People of Color im Vordergrund. In den verschiedenen Städten kooperiert die Allianz gegen Racial Profiling mit lokalen Aktivist:innen, mit der Kollaborativen Forschungsgruppe zu Racial Profiling, mit dem Forschungskollektiv «Rassismus vor Gericht», mit der Direct-Action-Gruppe, mit der Autonomen Schule sowie mit Sans-Papiers-Anlaufstellen. Die Mitwirkenden möchten Racial Profiling sichtbar machen und nehmen alle Anwesenden mit in die Verantwortung. Alle werden aufgefordert, rassistische Polizeikontrollen aktiv zu verweigern und/oder zu verhindern. Neben den Aussagen verschiedener Menschen werden bei einem Tribunal reale Verfahrensdokumente, Urteile und Medienberichte zitiert, welche die Gewaltförmigkeit von Racial Profiling für das Publikum erlebbar machen sollen. Muster des Distanzierens, Verharmlosens und Rechtfertigens vonseiten der Polizei und Autoritäten werden nachgezeichnet. «Hautverdächtig» ist eine antirassistische Intervention, die dem realen Schweizer Gerichtsraum, der strukturell rassistisch geprägt ist, einen alternativen, ermächtigenden Raum entgegenstellt. Ziel des Tribunals ist es, einen Raum für Empowerment und gesellschaftliches Bewusstsein zu schaffen – nicht nur für das Unrecht, welches vielen Schwarzen Menschen und People of Color widerfährt, sondern auch für die Chancen, die in einer solidarischen Gesellschaft der Vielen liegen.